Mädchen und Frauen

Mädchen und Mutter und Oma sitzen mit einem Tablet auf Sofa

Mädchen und Frauen

Menschen stellen ihre Geschlechtszugehörigkeit immer wieder und überall im Alltag her. Die Wissenschaft nennt diesen Prozess „doing gender“. Mit den verschiedenen Geschlechtern sind unterschiedliche kulturelle Erwartungen verbunden. Das hat Konsequenzen für viele Lebensbereiche, auch für die Gesundheit und das Gesundheitshandeln. Gender interagiert mit anderen Dimensionen unseres Lebens wie Alter, soziale Lage und religiösen Überzeugungen.

Geschlechtersensibilität in der Prävention, Gesundheitsförderung und Gesundheitsversorgung ist mittlerweile – auch durch das Präventionsgesetz – als Qualitätskriterium aufgewertet worden.  Der Bedarf nach Anleitung für die Umsetzung steigt.

Die geschlechtssensible Gesundheitsförderung stellt ein Querschnittsthema in der Arbeit der LVG & AFS dar. Dabei werden auch die besonderen Unterstützungsbedarfe von Mädchen und Frauen in den Fokus gerückt.

 

Hintergrund

Die Frauen- und Mädchengesundheit ist sehr eng mit sozialer Ungleichheit verbunden. Die Armut ist weiblich und Alleinerziehende, die in der Mehrheit Frauen sind, leben häufig in prekären Lebensverhältnissen. Die soziale Lage ist ein wesentlicher Faktor, der Einfluss auf die Gesundheit hat.

Das größte Gesundheitsrisiko für Frauen besteht darin, Gewalt zu erfahren. Mindestens jede fünfte Frau hat in ihrem Leben Erfahrungen mit Gewalt gemacht. Häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt an Kindern, aber auch Gewalterfahrungen unter der Geburt und weibliche Genitalverstümmelung sind aktuelle Themen.

Frauen- und Mädchengesundheit sowie die gesundheitliche Versorgung von Frauen und Mädchen sind systemimmanent beeinträchtigt dadurch, dass der Mann als Norm angesehen wird und die Frau die Abweichung davon darstellt. In der Medizin wirkt sich dies zum Nachteil der Frauen und Mädchen aus: Seien es künstliche Gelenke, Medikamente oder Operationsinstrumente, es ist nicht systematisch gewährleistet, dass sie an weibliche Körper angepasst sind. Geschlechtssensibilität und Berücksichtigung weiblicher Lebensbelastungen sind auch in der Rehabilitation ein Thema.

Die Mädchengesundheit ist geprägt von einer hohen Sensibilität für den eigenen Körper und seinen Signalen. Das bedeutet eine hohe Wahrnehmungsintensität für Beschwerden, wodurch Mädchen und junge Frauen über mehr Beeinträchtigungen des Wohlbefindens berichten als Jungen. Die andere Seite der Medaille ist, dass dadurch Krankheitssignale früh registriert werden und darauf reagiert werden kann. Diese Sensibilität begleitet Frauen ihr Leben lang und kann als eine wichtige Ressource betrachtet werden.

Die reproduktive Gesundheit ist ein Schwerpunktthema der Frauengesundheit: Menstruation, Verhütung, Wechseljahre, Pränataldiagnostik, Gesundheit rund um die Geburt, ungewollte Kinderlosigkeit und vieles mehr. Hierzu gibt es in Kooperation mit pro familia Niedersachsen eine Tagungsreihe.

 

Ziele

Übergeordnetes Ziel unserer Arbeit ist es, diese Vielfalt an Themen in den Fokus zu rücken, für die geschlechtsbezogenen Unterschiede zu sensibilisieren und das Thema Frauen- und Mädchengesundheit sowie die geschlechtssensible Gesundheitsförderung zu stärken. Die LVG & AFS…

  • stellt gesicherte und evidenzbasierte Informationen bereit
  • bietet Multiplikator:innen konkrete Impulse für ihre Arbeit
  • reflektiert Geschlechterstereotype und Weiblichkeitsbilder vor dem Hintergrund geschlechterbezogener Chancengleichheit
  • fördert die Vernetzung von Akteur:innen aus Praxis, Politik und Wissenschaft

 

Potenziale

Gesundheitsförderung für Frauen und Mädchen eröffnet die Möglichkeit, die genderspezifischen Bedarfe und Bedürfnisse zu berücksichtigen und die Lebenswelten entsprechend zu gestalten. Die sozialen Rahmenbedingungen sind im Kontext der Förderung der Gesundheit ebenso bedeutsam wie die Stärkung der individuellen Ressourcen und Kompetenzen. Aufbauend auf den Besonderheiten von Frauen und Mädchen können wirkungsvolle Konzepte zur Gesundheitsförderung, Prävention und Versorgung entwickelt werden. Vorhandene Kenntnisse zu genderspezifischen Unterschieden können Eingang in die Praxis finden. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Schaffung von Angeboten zur Ressourcenstärkung für soziale benachteiligte Dialoggruppen. Darüber hinaus ist gendersensible Gesundheitsförderung im Sinne von Gender Mainstreaming als Maßnahme zur Geschlechtergerechtigkeit zu verstehen, um einer geschlechtsbedingten gesundheitlichen Ungleichheit entgegenzuwirken. Die Stärkung der Gesundheit ist dabei immer auf Selbstbestimmung und Selbstermächtigung (Empowerment) angelegt.

Die Arbeit basiert auf internationalen Deklarationen wie der Wiener Erklärung über die Investition in die Gesundheit von Frauen in den mittel- und osteuropäischen Ländern (WHO, 1994), dem Madrid Statement: Mainstreaming gender equity in health: The need to move forward (WHO, 2001) sowie der Istanbul-Konvention: Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (2011). Auch die Strategie des Gender Mainstreaming (UN, 1995) ist bedeutsam. Informationen zu deren Weiterentwicklung finden Sie etwa auf der Website von UN Women.

Herausforderungen

Geschlechterrollen verändern sich nur langsam. Die Zusammenhänge von Geschlechterrolle und Gesundheit bekannt zu machen, ist eine große Herausforderung, sowohl in Bezug auf die Bevölkerung als auch in Bezug auf Institutionen des Gesundheitswesens. Auch das Ziel, Gendersensibilität in alle Aus-, Fort- und Weiterbildungen der gesundheitlichen Berufe zu implementieren, ist ein langfristiges Ziel, das mit immer wieder neuen Impulsen angegangen werden muss.

Unsere Handlungsansätze

In den Projekten, Netzwerken und Arbeitsgruppen der LVG & AFS zum Thema Gender werden Fragen zur gendersensiblen Gestaltung von Gesundheitsförderung und Prävention bearbeitet. Zudem werden aktuelle gesundheitspolitische Themen aufgegriffen, neue wissenschaftliche Ergebnisse mit Vertreter:innen aus Forschung und Praxis diskutiert und im Hinblick auf eine gendersensible Versorgung und Gesundheitsförderung bewertet.

Wir bieten:

•          Information und Sensibilisierung für Multiplikator:innen und Verbänden

•          evidenzbasierte Informationen für Frauen in verschiedenen Lebensphasen

•          Beratung für partizipative und ressourcenorientierte Gestaltung von Angeboten

•          Erstellung von Umsetzungshilfen für die Praxis

•          Vernetzung von Akteur:innen

Die LVG & AFS koordiniert das Netzwerk Frauen/Mädchen und Gesundheit Niedersachsen, das unter anderem zum Thema „Gender Mainstreaming“ eine Tagung durchgeführt hat, deren Dokumentation Sie hier finden Gender Mainstreaming im Gesundheitswesen. file:///C:/Users/Ute/AppData/Local/Temp/GenderMain.pdf

Darüber hinaus koordiniert die LVG & AFS das Nationale Netzwerk Frauengesundheit, das frauengesundheitsbezogene Themen auf gesundheitspolitischer Ebene einbringt.